Der Fuji (富士山) befindet sich in der Nähe von Tokio und ist rund 3.776 Meter hoch. Viele träumen davon, ihn zu bezwingen. Auch ich. Und so wagte ich mich auf den höchsten japanischen Berg und berichte, was ich erlebt habe:

Seit über 1.000 Jahren wird der Fuji als Sitz der Götter verehrt und gilt als heilig. Im Jahr 2015 entschied ich, den Fuji auf dem Wanderweg Yoshida zu besteigen. Der führt 7,5 km hoch und 6,5 km runter. Dafür buchte ich eine Drei-Tages-Tour. Plan für Tag Eins war, in einer Hütte auf rund 3.100 m anzukommen, am zweiten Tag den Gipfel zu erklimmen und am dritten Tag den Abstieg zu meistern. Außerdem wollte ich einen Sonnenaufgang sehen und als krönenden Abschluss ein Onsen besuchen.

Die Kapitel im Überblick:


Nachdem ich mehrere Wandertouren trainiert hatte, traute ich mich an die Fuji-Besteigung. Für die Tage zwischen dem 20. und 26. Juli war gutes Wetter angesagt. Die meisten meiner Freunde hatten die Fuji-Tour bereits hinter sich, deshalb musste ich entweder alleine losziehen oder in einer Gruppe.

Alleine hätte ich zwar mehr Freiheiten gehabt, traute mich aber nicht. Also meldete ich mich bei der Hato Bustour an. Schließlich galt es, die Besteigung eines Vulkans mit mehr als 3,7 km zu überstehen. Für mich die bisher höchste Wanderung.

Die Anfahrt

Punkt 7 Uhr morgens erreiche ich den Bahnhof Shinjuku. Zwei gelbe Busse der Firma Hato stehen bereit, die mich an Zitronen erinnern. Um mich herum stehen Japaner in bunten Klamotten und unterhalten sich. Eine Japanerin mit Namensschild fragt ziemlich barsch nach meinem Namen und an welcher Tour ich teilnehme.

Ich erinnere mich, dass es zwei Touren bei Hato gibt: Eine 2-tägige und eine 3-tägige. „Die längere Tour“, sage ich. Wortlos drückt sie mir einen Zettel mit meiner Platznummer in die Hand.

Der Busfahrer ruft mich zu seiner linken Zitrone. Um 7:20 Uhr fahren wir los. Dabei stelle ich mich meinen Nachbarn vor. Neben mir sitzt Ryo und vor mir Banso. Beides Japaner, um die 70 Jahre. Banso erzählt, früher in einem Büro gearbeitet zu haben und jetzt Berge zu besteigen, um sich fit zu halten. Ryo war ebenfalls in einem Büro tätig gewesen und nimmt mittlerweile an Marathonläufen teil.

Die rabiate Frau mit Namensschild stellt sich als Reiseleiterin Ikebukoro vor. Von ihr erhalten wir ein Tuch mit der Aufschrift „Hato Bus Fuji Besteigung 2015“, einen Soy Joy Energieriegel und ein Sportgetränk. Zudem verteilt sie Telefonnummern für den Notfall und drei zitronengelbe Zettel. Diese hätten wir an Schnürsenkel, Hut und Rucksack zu binden, damit zu erkennen sei, zu welcher Gruppe wir gehören.

Nach einer Stunde halten wir an einer Raststätte. Frau Ikebukoro erklärt: „Ihr habt genau 15 Minuten Zeit, um zur Toilette oder einkaufen zu gehen. Hier sind die Preise noch günstig.“ Wir steigen aus und ich stelle mich an eine lange Warteschlange vor den Klos. 15 pünktliche Minuten pfeift uns General Ikebukoro zurück.

Da rollt unsere Zitrone auch schon wieder an. Nach einer halben Stunde schauen wir aus dem Fenster und sehen den Fuji. Seine Höhe schüchtert mich ein und Ryo meint bester Laune: „Heute ist der Fujisan sehr gut zu erkennen!“

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Ich starre auf den von Quellwolken umwickelten Fuji. Begeistert zücken alle Foto oder Handy. Frau Ikebukoro gibt Survival-Tipps durchs Mikrofon: „Atmet aus dem Bauch und formt euren Mund zu einem O. Das reduziert den Feuchtigkeitsverlust und das Atmen ist leichter. Bei großer Anstrengung wird das gerne vergessen!“

Wir fahren von der Autobahn ab und erreichen einen dichten Wald. „Gleich kommen wir zur berühmten Musikstraße“, flötet Frau Ikebukoro. „Der Straßenbelag ist so verändert, dass eine Melodie erklingt, wenn wir drüberfahren“.

Wir lauschen und hören tatsächlich so etwas wie eine Melodie.

Die fünfte Station Fuji Subaru 五合目

Keine Viertelstunde später schlängelt sich unsere Zitrone den Berg hinauf bis zur 5. Station der Fuji Subaru Linie. Frau Ikebukoro befiehlt: „Jetzt ist es 10:30 Uhr. Treffpunkt ist um Punkt 11:15 Uhr in der Mitte des Kreisverkehrs!“

Wir steigen aus und schauen uns um.

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Die 5. Station ist ungefähr so groß wie ein kleines Dorf und bietet alles für die Fuji-Besteigung: Konbini, Restaurants, Souvenirshops, Toiletten, Feuerwehr, Polizei, Berghütten, Infozentren. Auch die Post, ein Schrein, Schließfächer und eine Aussichtsplattform sind da. Massen an Touristen, die vorbeilaufen, unterhalten sich in allen Sprachen.

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Allerdings stechen wir – die Zitronengruppe – mit quietschbunten Bergsteigerklamotten hervor. Touristen, die ein schnelles Fuji-Foto machen wollen, tragen normale Kleidung. Ich versuche, einen Überblick zu kriegen. Menschenmassen fuchteln mit ihren Selfie-Sticks herum und posieren mit vollem Körpereinsatz für ihr Erinnerungsfoto. Da taucht mein Sitznachbar Ryo auf, mit dem ich direkt in Richtung Kreisverkehr gehe.

„In diesem Gebäude kann man sich im 3. Stock umkleiden und im 2. Stock ist ein gutes Restaurant. Außerdem ist dort ein Souvenirshop und Schließfächer. Werktags hat man eine kleine Chance auf ein Schließfach, an Wochenenden nicht“, erklärt Schließfach-Fachmann Ryo. Ich selbst trage bereits mein Merino-Shirt und eine Windstopper-Hose und brauche mich nicht umziehen.

Dann mache ich einen kurzen Abstecher zum Souvenirladen und entdecke am Eingang Wanderstöcke, die man an jeder Berghütte des Fuji mit einem Siegel versehen lassen kann. Das Einbrennen kostet 300 Yen/~2 €.

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Den Tipp von Ryo im Hinterkopf, besuche ich das Restaurant im 2. Stock und bestelle Tonshiru mit zwei Onigiri. Tonshiru ist eine Suppe mit Schweinefleisch und Onigiri sind mit einem Algenblatt umwickelte Reisbällchen. Meist sind sie gefüllt.

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Die Leute im Restaurant kann ich in zwei Gruppen aufteilen: Die, die den Fuji bestiegen hatten und mit verbrannten Gesichtern auf Bänken sitzen (und mich direkt dazu veranlassten, Sonnencreme aus dem Rucksack zu kramen). Und dann gibt es noch die, die sich frisch-fröhlich über das kommende Abenteuer unterhalten.

Wieder taucht Ryo auf, bestellt einen Kaffee und kommt zu mir. Als wir fertig sind, besuchen wir den Schrein Fujisan Taisha, dessen Eingang ein rotes Torii ziert. Er wurde zwischen 901 und 923 errichtet, um den damals aktiven Fuji zu besänftigen.

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„Wusstest du, dass die Besteigung für einfache Leute damals verboten war? Nur Shugendo Mönche durften es. Und Frauen war es nicht erlaubt, den Berg zu betreten“, erzählt Ryo. „Schon zu jener Zeit gab es einen Auf- und Abstiegsweg. Wir Japaner sagen, dass jeder Wanderer den Fujisan verdreckt besteigt. Dann stirbt er auf dem Gipfel, wird neu geboren und steigt sauber hinab. Damit sich das nicht vermischt, gibt es zwei Wege.“

Dann fügt er hinzu: „Der Schrein gewann im letzten Jahrhundert immer mehr an Bedeutung, sodass er jetzt den Titel ‚großer kaiserlicher Schrein‘, nämlich Taisha, erhielt. Die meisten beten hier für die sichere Besteigung. Da drüben befindet sich eine Aussichtsplattform. Von dort haben wir einen fantastischen Blick auf den Fujisan.“

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Nach der kleinen Japan- und Schreinkunde machen wir uns auf den Weg zu den Toiletten. Die Schlange an den Damentoiletten ist elendig lang. Anschließend packen Ryo und ich die Trekkingstöcke aus, bevor wir zum Treffpunkt eilen. Damit wir auch ja nicht zu spät kommen und General Ikebukoro uns den Marsch bläst.

Der Wasserfall Izumi-ga-Taki 泉ヶ滝

Im Kreisverkehr wartet der Bergführer auf uns. Er stellt sich als Herr Goto vor und zeigt uns Dehnübungen. „Ich bin 21 Jahre und besteige den Fujisan auch in meiner Freizeit. Im Prinzip bin ich immer auf dem Berg“, erzählt er lachend. Frau Ikebukoro drückt uns dabei Übersichtskarten, eine Plakette und ein Heft in die Hand.

„Das bekommt ihr, weil ihr der Fuji-Gesellschaft 1.000 Yen spendet“, flötet sie wieder. „Und es dient dazu, neue Technologien für die Besteigung des Fujisan zu erforschen.“ Ryo und ich sehen uns an. Ich grinse. Fakt ist nämlich, dass einfach von jedem erwartet wird, diese „Spende“ zu löhnen. Natürlich „freiwillig“.

Nach diversen Dehnübungen recken wir die Fäuste in die Luft und rufen einen Schlachtruf. Es kann losgehen. Dann befüllen wir die Trinkflaschen, schwingen die Rucksäcke auf und marschieren. Vorbei an Pferdeställen bis zum Eingang des legendären, gelb markierten Wanderwegs Yoshida.

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Wer Geld investiert, kann sogar zum Izumi-ga-Taki Wasserfall und zur 6. Station reiten. Die Zitronengruppe verzichtet.

Zum Stehen kommen wir vor dem Eingangsschild des Wanderwegs. Eine Tafel erklärt die Regeln zur Besteigung des Fuji in 4 Sprachen. Schon bald gehen wir auf einem leicht abfallenden, breiten Gehweg.

Aber… wieso abfallend? Ich denke, wir „besteigen“ den Fuji? Bester Laune prescht Bergführer Goto voraus und führt uns immer weiter den Berg hinunter. Auf der linken Seite erhaschen wir einen Blick ins Tal.

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Schließfach-Fachmann Ryo bleibt öfter stehen und macht Fotos. Noch verdecken Wolken den Himmel. Frau Ikebukoro meint hinter uns, der Anstieg wäre dadurch angenehmer. Wanderer kamen uns mit verbrannten Gesichtern entgegen. Sie gehen komisch, humpeln. Ihre Augen sind müde und leer.

Ich frage mich, ob wir beim Abstieg auch wie Zombies aussehen würden? Nach 20 Minuten erreichen wir eine Kreuzung mit dem Hinweisschild „Mt. Fuji Summit 6.0 km 385 Min“.

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Ab diesem Punkt geht es bergauf. Herr Goto zeigt uns den bekannten Wasserfall Izumi-ga-Taki, direkt hinter einer Kreuzung.

„Früher haben hier Wanderer ihre Flaschen aufgefüllt. Heute ist das Wasser leider zu dreckig“, meint er. Dann macht er uns in einem kleinen Wald auf Wildrosen, Tigerlilien und Azaleen aufmerksam. Und ich stelle wieder fest, dass sich mein botanisches Wissen in Grenzen hält.

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Wir folgen Herrn Goto. „An besonders gefährlichen Stellen werden Tunnel dieser Art errichtet, um Wanderer vor Steinschlägen zu schützen!“

Der Weg dahinter ist mit großen Steinen gepflastert. Herr Goto warnt uns, dass es hier bei Regen schnell rutschig werden kann und es jedes Jahr Unfälle gibt.

Die sechste Station 六合目 (2390 m)

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Vorsichtig klettern wir eine Steintreppe empor und erreichen die 6. Station. Bis zum Gipfel sind noch 5,3 km oder 357 Minuten. Na Prost Mahlzeit, denke ich keuchend und den Mund zum O geformt.

Hier stehen Dixi-Klos, ein Infozentrum und – ganz wichtig – die Annahmestelle der 1.000 Yen-„Spende“. Außerdem finde ich ein Schild mit aktuellen Temperaturen und Windstärken. „Die nächsten zwei Tage ist gutes Wetter vorhergesagt. Doch der Wind könnte Probleme machen“, meinen einige.

Ein Bulldozer überholt uns. Herr Goto erklärt, dass Lebensmittel und Getränke mit diesen Dingern zu den Hütten oder zum Gipfel transportiert werden. „Bulldozer benutzen den Yoshida-Abstiegsweg. Früher erledigten das Menschen, weil Pferde auf unebenen Wegen keinen Halt haben.“

Nach einer kurzen Pause marschieren wir weiter. Über Schotterwege und unebene Stufen geht es den Berg hinauf. Im Zickzack. An jeder Kreuzung stehen Schilder. Es ist also fast unmöglich, sich auf dem Fuji verlaufen.

Ich schaue nach oben. Leider wird die Spitze von einer dicken Wolke verdeckt. Wir kraxeln über Steine, die uns den Aufstieg erschweren. Alle 20 Minuten legen wir eine fünfminütige Pause ein. Ich esse dabei Energieriegel. Während wir gehen, trinke ich aus meiner Trinkblase und bin froh über deren Anschaffung. Durch die Wolken werden wir von der Sonne geschützt. So komme ich, trotz Anstrengung, kaum ins Schwitzen.

Die siebte Station 七合目 (2700 m)

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Um 13:40 Uhr sehen wir in der Ferne die erste Berghütten der 7. Station. Keine 20 Minuten später stehen wir vor einem steilen, erkalteten Lava-Weg. Herr Goto steigt voran und meint, wir müssen unsere Stöcke an die Rucksäcke binden und die Hände zur Hilfe nehmen. Gut, dass ich Handschuhe eingepackt habe.

Am Ende des steilen Wegs wartet die 7. Station. Wir kommen zur Hütte Hanakoya. Ein kleiner Laden bietet Wasser, Tee und Sportgetränke für je 400 Yen (~2,80 €) an. Mehr Informationen zu den Angeboten auf der Hütte findest du hier.

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Ein weiterer, steiler Anstieg gilt es zu überstehen. An der nächsten Berghütte Hinodekan machen wir Rast. Auch hier kann man Wanderstöcke kaufen. Wir gehen an der Hütte Tomoikan vorbei. Immer wieder steigen wir im Zickzack den Berg hinauf. Dann kommen wir zur Hütte Kamaiwakan. Daneben stehen Toilettenhäuschen, an denen Preisschilder hängen.

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An der Tür hängt ein Kasten, in den man Geld wirft, bevor man das WC betritt. An der nächsten Hütte Fujichikan werden sogar Sauerstoffflaschen für 1.200 Yen verkauft. Ryo und ich schmunzeln.

Leider verdecken dicke Wolken die Sicht auf Tal und Gipfel. Das rote Torii der nächsten Hütte Toriiso ist aber zu erkennen.

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Hier legen wir wieder eine kleine Pause ein, bevor es an den nächsten Hütte Toyokan vorbeigeht. Ich merke, dass meine Augen trockener werden und trinke mehr Wasser.

Am Wegesrand stehen Schilder, die nicht nur vor Steinschlägen sondern auch vor Lawinen warnen.

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Um etwa 16 Uhr durchbrechen wir die Wolkendecke auf rund 3.000 m Höhe und erhalten einen Blick ins Tal. Auch hier legen wir einen kurzen Stopp ein.

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Die achte Station 八合目 (3100 m)

Gegen 16:10 Uhr ruft es von oben, ob wir die Hato-Busgruppe seien. Herr Goto bejahte. Über große Felsbrocken und Steine erreichen wir die Hütte Taishikan. Und damit auch die 8. Station, in der wir übernachten. Der erste Teil der Tour ist damit geschafft.

Die Berghütte Taishikan 太子館 (3100 m)

Vor der Hütte empfängt uns das Personal und informiert uns über den Ablauf:

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„Lockert eure Schnürsenkel und zieht beim Betreten der Hütte die Schuhe aus. Packt sie in eine Tüte, damit alles sauber bleibt. Im Erdgeschoss befinden sich Verkaufsladen und Speisesaal. Danach geht ihr in den 3. Stock. Dort befindet sich euer Schlafsaal. Essen ist  dort verboten, Trinken aber erlaubt. Zum Abendessen rufen wir euch in den Speisesaal. Fürs Essen habt ihr 10 Minuten Zeit. Danach ist Schluss und ihr bekommt das Frühstück für morgen. Toiletten sind draußen und kosten einmalig 200 Yen. Danach könnt ihr sie beliebig oft benutzen. Im Vorraum stehen Schlappen, die ihr anzieht, wenn ihr zur Toilette geht. Bitte die Schlappen nicht fürs Fotografieren oder Zähneputzen anbehalten. Wenn ihr zwei Nächte bleibt, könnt ihr nicht benötigte Kleidung oder Gegenstände auf eurem Schlafplatz deponieren. Keinen Alkohol, das ist auf der Taishikan strengstens untersagt!“

Den Blick zu Frau Ikebukoro kann ich mir nicht verkneifen. Sie schaut mich an und schmunzelt.

Zuerst ziehen die Frauen die Schuhe aus und gehen nach oben. Dann die Männer.

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Die Schlafplätze in den ersten zwei Stockwerken sind … minimalistisch.

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Wir müssen bis ganz nach oben. Der Schlafsaal der Zironengruppe ist nämlich unterm Dach. Mit deutlich mehr Platz als unten.

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Die Frauen schlafen links, die Männer rechts. Am Ende des Tunnels gibt es sogar eine Umkleidekabine. Direkt neben der Treppe stehen Schüsseln, die mit Zeitungspapier ausgelegt sind. „Falls ihr spucken müsst, benutzt das bitte“, sagt Herr Goto trocken.

Jeder stöhnt, als wir uns setzen. Berghütten in Deutschland sind schon eng, aber das hier toppt alles. Man schläft auf 40 cm Breite und auf 2 m Länge. Eine harte Matte und ein Schlafsack liegen noch bereit. Genau so stelle ich mir ein Bootcamp vor.

Ohropax sind hier Pflicht. Irgendwo raschelt immer eine Tüte oder jemand schnarcht. Rucksack und Schuhe werden auf einem Regal über der „Ruhefläche“ gelagert.

Ich lerne meine Nachbarinnen kennen. Frau Sachiyo aus Kagoshima. Extra aus dem Süden Japans angereist, um den Fuji zu erklimmen. Sie ist 75 Jahre und ihre beiden Kinder leben in Tokio. Rechts von mir sitzt eine wortkarge Japanerin, deren Name mir ein Rätsel geblieben ist. Neben Frau Sachiyo liegt Frau Happa, die der Leidenschaft Marathon frönt und bereits zum zweiten Mal hier ist. „Beim ersten Mal war das Wetter so schlecht, dass ich es jetzt noch einmal probieren möchte“, meint sie.

Außerdem warnt sie: „Packt eure Sachen unbedingt vor. Morgen früh haben wir nur 15 Minuten Zeit und müssen dann sofort los.“ Alle bedanken sich artig für den Ratschlag. Um 17 Uhr werden wir zum Dinner gerufen.

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Es gibt Curryreis. In der Bentobox liegen Fisch und Würstchen. Der Geschmack ist
besch…eiden.

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Auch die Menge haut mich nicht gerade um. Zum Glück reicht mir Frau Sachiyo ihre Schüssel mit Reis, damit ich einigermaßen satt werde. „Schreibt heute schon eure Postkarten. Auf dem Gipfel haben wir morgen wenig Zeit“, sagt Fujiführer Goto.
„Außerdem werdet ihr erschöpft sein!“

Wir nicken, schaufeln das Essen in uns rein und bekommen 10 Minuten später das Frühstück. Das Buffet besteht aus einer Wasserflasche, abgepacktem roter Reis und einem Brötchen.

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Ich gucke mir das Sterne-Frühstück an. Besonders fein sieht das ja nicht gerade aus.

Darum packe ich es gleich in meinen Rucksack, um den traurigen Anblick nicht länger ertragen zu müssen und gehe in Richtung Lokus. Dazu schlüpfe ich in die „Klo“-Schlappen, werfe 200 Yen in die „Klo“-Box und betrete das saubere „Klo“. Eine Ansage verkündet in 3 Sprachen und immer wieder, man solle auf dem „Klo“ nicht rasten und das „Klo“papier in den Abfalleimer daneben schmeißen. Sie geht mir bereits jetzt auf die Nerven. Klo, Klo und nochmals Klo – in Endlosschleife.

Zum Runterspülen benutze ich eine Art Wasserpistole, die an der Wand hängt. Vor den Toiletten stehen Kanister mit Regenwasser. Dort wasche ich meine Hände. Außerdem verbieten zwei Schilder: Zähneputzen vor dem „Klo“ verboten.

Langsam verziehen sich die Wolken und die Sicht aufs Tal wird klarer. Von meinem Schlafplatz hole ich Schuhe und Handy. Vor der Hütte begegne ich einem braungebrannten Japaner mit einem kleinen Ofen.

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Auch bei ihm kann man den Wanderstock mit dem Taishikan-Hüttensiegel versehen lassen. Später stellt sich heraus, dass es sich um den Besitzer handelt. Nennen wir ihn Herrn Honda. Seine Mitarbeiter seien Studenten und jobben Teilzeit auf der Taishikan, erzählt er.

Während wir die Aussicht genießen, unterhalten wir uns über Europa, Japan und die Welt.

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Die Sicht ins Tal ist unbeschreiblich. Ich kann die Präfektur Chiba, die Rainbow Bridge auf Odaiba und den Skytree sehen. Auch Herr Honda macht Fotos. „Ich bin jeden Sommer hier, aber so eine klare Aussicht ist selten“, meint er.

Aus seiner Tasche zaubert er einen Talisman für die sichere Fuji-Besteigung und überreicht ihn mir. Ich bin baff. Frau Ikebukoro auch und flüstert hinter vorgehaltener Hand: „Sag das bloß nicht den anderen!“

Herr Honda erklärt: „Es ist mir eine Freude, mich mit dir zu unterhalten. Deshalb schenke ich dir Glück!“. Schüchtern bedanke ich mich, während die untergehende Sonne die Wolken in zartes Gold färbt.

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Dann schaut mich Herr Honda an. „Geh nach rechts, den Weg hinauf. Dort siehst du etwas ganz Besonderes.“ Ich verstehe zwar nicht ganz, folge aber der Anweisung.

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Der Fuji wirft einen Schatten auf die Wolkendecke. Eine Gruppe Wanderer schießt wild Fotos. Sogar Frau Ikebukoro verschlägt es die Sprache. Natürlich schieße auch ich viele Bilder und bin mega happy. Später würde ich Ryo und Banso von dem Erlebnis berichten.

Langsam bricht die Nacht herein. Herr Honda und ich sehen uns die funkelnden Punkte am Himmel an. Leider macht mein Handy bei Nacht miserable Fotos, sodass ich verzichte. Glücklich genieße ich den Moment.

Als es kalt wird, verabschiede ich mich von Herrn Honda. Auf dem Rückweg kaufe ich 4 Energieriegel und 4 Flaschen Wasser, die ich gleich in meine Trinkblase umfülle. Die leeren Flaschen gebe ich direkt wieder ab.

Die Hälfte meiner Gruppe schläft bereits tief und fest. Leise lege ich Matte und Schlafsack zurecht, packe mein Kissen aus der Plastiktüte und wickle ein Handtuch drumherum. Später sollte ich erfahren, dass man das Kissen gar nicht auspackt. Huch.

Ich benutze Ohropax und kuschle mich in den Schlafsack. Leider ist die Unterlage ziemlich hart. Dank der Strapazen des Aufstiegs schlafe ich bereits um 20:00 Uhr wie ein Baby. Mitten in der Nacht werde ich wach, weil mir irre kalt ist. Ich ziehe meine dicke Jacke im Schlafsack an und lege eine Hose über mich. Innerhalb von Minuten schlafe ich wieder.

Der Sonnenaufgang Goraiko 御来光

Gegen 3:30 Uhr werde ich wach. Verschlafen schaue ich auf die Uhr. „Um 4:00 Uhr ertönt ein Weckruf“, flüstert Frau Happa.

Also ziehe ich meine lange Merino-Unterhose, meine Windstopperhose, das Merino-Hemd und die Regenjacke an. Die dicke Jacke stopfe ich in meinen Rucksack. Die Schlafsachen packe ich aufs Regal und schaue auf die Uhr. Noch eine Viertelstunde.

Ich husche zur Treppe, um zur Toilette zu gehen. Schon werde ich vom Personal gestoppt: „Gleich werden alle geweckt und es könnte sein, dass du es nicht mehr zu deinem Platz zurückschaffst. Nimm den Rucksack gleich mit!“

Knatschig stapfe ich zurück, Rucksack und Schuhe holen. Draußen tummeln sich schon die ersten Wanderer. Bewaffnet mit Kameras. Schon bald erscheint am Horizont ein heller Streifen.

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Herr Goto ruft die Zitronengruppe zu ein paar Bänken. Hier frühstücken einige, während wir den Tagesanbruch beobachten. Der Himmel ist wolkenlos und verspricht einen traumhaften Sonnenaufgang. Alle sind still und blicken in Richtung Osten.

Um 4:36 sehen wir das erste Mal die Sonne aufblitzen.

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Sie wird heller und heller. Stille.

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Sonnenstrahlen tanzen über Berge, Landschaften und Wolken. Ununterbrochen höre ich das Knipsen der Kameras.

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Herr Goto und Frau Ikebukoro bieten an, Fotos von uns zu machen, während die Sonne immer höher steigt. Und wir werden Zeuge einer unvergesslichen Aussicht. Langsam kriecht auch das Tal aus der Dunkelheit.

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Verträumt esse ich meinen Energieriegel und genieße die Aussicht auf Landschaften mit glitzernden Seen weit unter mir.

Wenig später ruft uns Herr Goto: „Los. Der Gipfel wartet auf uns!“ Wir ziehen los. Vorbei an der Hütte Horaikan, kraxeln wir wieder den Berg hinauf. Nach wenigen Minuten begegnen wir einer Steintafel. Darauf steht Horai-Kamiiwa-Hachi-Ryujin – quasi „Schildkröten-Felsbrocken-Acht-Drachen-Götter“.

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Über die genaue Bedeutung können wir nur spekulieren. Herr Goto erklärt, dass direkt über dem Gedenkstein ein Felsen liegt, der einer Schildkröte ähnelt. Alle schauen nach. Ich jedoch kann nichts erkennen, das wie eine Schildkröte aussieht.

Der Weg ist langweilig. Steine und Geröll wohin das Auge reicht. Jedoch werde ich mit einer grandiosen Aussicht belohnt.

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Der Wind weht heftiger. Über hohe Stufen erreichen wir die Hütte Hakuunso auf 3.200 Meter und setzen uns kurz.

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Die Luft wird dünner und die Sonne greller. Ich versuche, das Frühstücksbuffet runterzuwürgen. Doch es schmeckt einfach nicht. Herr Goto erinnert daran, Sonnencreme zu benutzen und den Hut wegen des starken Windes festzuzurren.

Hinter Bänken liegen Mützen und Handschuhe unserer Vorgänger. Schilder weisen darauf hin, dass man Müll wieder mitnehmen soll. Auf der rechten Seite können wir den Gipfel sehen.

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Es geht weiter. Diese großen Mauern sollen uns vor herabfallenden Steinen schützen.

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Währenddessen schaue ich mir immer wieder den Ausblick an.

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Wir kommen an ein weißes Tor und einen kleinen Schrein. Vor dem Torii verneigen wir uns.

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Neben dem Schrein steht die Berghütte Gansomura. Dieses Mal pausieren wir nicht, sondern folgen dem Schild Richtung Gipfel „Mt. Fuji Summit 1,8 km 125 Min“. Wir steigen die öden Wege hinauf und kommen zum berühmten Fujisan Hotel.

„Vor 1907 gab es auf dem Fuji nur drei Hütten. Danach wurden sie zu einer Berghütte zusammengeschlossen. Das Fujisan Hotel war damals die 8. Station. Heute liegt sie 100 m tiefer. Der Gouverneur der Präfektur Yamanashi versuchte die Internationalisierung des Fujisan zu fördern, indem er am Hotel Etagenbetten in jedem Stockwerk und Curryreis für Wanderer einführte. Danach übernahmen auch die anderen Hütten dieses Konzept“, erklärt Herr Goto.

Aha. Also hatten wir diesem Gouverneur das Festmahl zu verdanken. Außerdem würde ich das Fujisan Hotel nicht unbedingt als „Hotel“ bezeichnen. Luxus auf dem Fuji? Auf keinen Fall. Apropos Fall. Wir befinden uns aktuell auf 3.400 Metern.

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Die neunte Station 九合目 (3580 m)

Nach einer kurzen Pause geht es weiter. Auf der linken Seite sehen wir den Abstiegsweg …

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… und auf der rechten Eisflächen.

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Eine japanische Wandergruppe kommt uns entgegen. Einer davon berichtet von extremen Windböen auf dem Gipfel.

Und weil ich ziemlich groß bin und dem Wind viel Angriffsfläche biete, wird mir mulmig. Da haben es die kleinen Japaner einfacher. Zumal noch die Umrandung des Kraters geplant ist.

Wir passieren die Berghütte Tomoekan und sehen aus der Ferne ein weiteres weißes Torii.

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Hier beginnt die 9. Station. Alle denken: Bald ist es geschafft! Doch Herr Goto verspricht, dass der Spaß erst anfängt.

„Die letzten Meter wird nur noch über Felsen geklettert. Nehmt euch vor Steinschlägen in Acht. Wenn man den Fujisan nachts besteigt, muss man diese schwierige Stelle im Dunkeln passieren.“

Wieder schaue ich zu Ryo und wir sind beide froh, dass es Tag ist.

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Der Wind peitscht mir um die Ohren und zehrt gewaltig an meinen Kräften. Ich muss mich oft festhalten und gehe langsam von Fels zu Fels. Feiner Sand weht über die Wege und manchmal tränt mein rechtes Auge. Bewaffnet mit meiner Fahrrad-Sonnenbrille und meinem Buff, einem Halstuch, kann ich mich etwas schützen.

Ich trinke Wasser, um den Sand in meinem Mund loszuwerden. Außerdem geht mir richtig die Pumpe, weil die Luft immer dünner wird. Auch meine Furcht vor dem Wind wird größer. Immer wieder muss ich auf allen Vieren dahinkriechen und mich ausruhen.

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Wenn mich der Wind erfasst, versuche ich mich kleiner zu machen. Ohne Windstopper-Kleidung wäre das die absolute Hölle. Wieder hocke ich mich auf einen Felsen, ruhe mich aus und blicke ins Tal. Andere ebenso.

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Der Wind nimmt nochmal Fahrt auf und ich erinnere mich, im Internet etwas von Windstärke 18 (!) gelesen zu haben.

Der Gipfel des Mount Fuji 富士山

Herr Goto winkt uns zu einem weiteren weißen Torii. Neben mir sitzt eine ältere Japanerin, die mit ihren Kräften am Ende ist. Ich ermutige sie weiterzugehen. Gemeinsam klettern wir die letzten Meter bis zum Gipfel hinauf.

Vor dem weißen Tor macht Herr Goto von jedem Erinnerungsfotos. Das bin ich. Hallo.

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Nur noch ein paar Meter trennt die Zitronengruppe vom Gipfel. Bis alle da sind, ruhen wir uns aus.

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Dann besteigen wir die letzten Stufen und erreichen völlig fertig den Gipfel. Ich sehe mich um. Es ist erstaunlich leer. Auf der rechten Seite befindet sich der berühmte Schrein Kusushi Jinja aus dem 18. Jahrhundert.

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Daneben reihen sich Holzhütten aneinander.

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Gegenüber stehen Holzbänke.

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An einem Kiosk werden Getränke verkauft. Ganz hinten entdecke ich sogar zwei Getränkeautomaten. Wasser und Tee kosten mal eben schlappe 500 Yen. Der Wind bläst uns mit unglaublicher Stärke entgegen.

Kein Wunder also, dass hier nix los ist. Schnell gehen wir ins Restaurant Yamaguchiya, eingerichtet mit schlichten Holzbänken. An den Wänden hängen Zettel mit Gerichten und Preisen – alles auf japanisch.

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Zu allem Überfluss bekomme ich Kopfschmerzen, die ich versuche mit Wasser aufzulösen. Ohne groß nachzudenken, bestelle ich das gleiche wie meine Nachbarin: Tonshiru. Glaubt mir, ich hab selten so eine gute Suppe gegessen. Vor allem nach dem Desaster mit dem Frühstücksbuffet.

Im Restaurant befindet sich ein Souvenirladen. Dort kaufe ich vier Postkarten für je 300 Yen. Man weiß also, wie man den Leuten hier das Geld aus dem Rucksack zieht.

Schlechte Nachrichten erwarten uns: „Der Wind ist zu gefährlich. Wir können leider nicht zum Krater“, sagt Herr Goto. Die Enttäuschung ist groß. Er bietet uns an, die Postkarten nächste Woche beim höchsten Postamt Japans einzuwerfen. Dankend nehmen wir sein Angebot an.

„Wo sind die Toiletten?“, frage ich Frau Ikebukoro. „Draußen rechts“, antwortet sie.
„Draußen?“ … Natürlich, wo auch sonst…

Mühsam stehe ich auf und trete unvorsichtig aus der Tür. Sofort erfasst mich der Wind und ich hänge press an der Wand. Schritt für Schritt kämpfe ich mich auf den 100 längsten Metern meines Lebens nach vorne. An einer Ecke lege ich eine Pause ein. Vor mir sehe ich den Eingang zum Toilettenhäuschen.

Mit viel Mumm renne in einer Windpause zum Häuschen. Direkt neben dem Eingang hängt ein Kasten, in den ich 300 Yen einwerfe. Das Klo war für Frauen und Männer. Die Pissoirs stehen vor Dreck. Widerlich! Ich gehe zu den Toiletten, die etwas sauberer aussehen.

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Der Rückweg ist ähnlich schwierig, doch irgendwie schaffe ich es zurück zum Restaurant.

Der Abstieg (Gipfel bis achte Station)

Herr Goto trommelt alle zusammen und bittet jeden, die Trekkingstöcke auszupacken: „Der Abstieg kann beginnen!“

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„Ab jetzt gibt es keine Einkaufs- oder Toilettenmöglichkeit“, erklärt er. Herr Goto lächelt und deutet nach rechts. „Und vergesst nicht, ein Abschiedsfoto vom Krater zu machen.“

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Der Wind bläst immer noch wie verrückt. Um nicht im Krater zu landen, schieße ich nur ein Foto.

Am Toilettenhäuschen vorbei beginnt der Abstiegsweg. Oder, wie ich es nennen würde, eine Schotter- und Geröllstraße. Im Zickzack gehts den Berg runter. Besonders an den Wendepunkten weht uns der Wind weit auseinander.

Je tiefer wir steigen, desto mehr lassen Kopfschmerzen und Wind nach. Bulldozer kommen uns entgegen.

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Die Aussicht ist immer noch Bombe.

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Doch meine Knie beginnen schlappzumachen. Ich gehe langsamer. Herr Goto zeigt mir die richtige Technik zum Absteigen: „Zuerst setzt du mit der Hacke auf. Dann in kleinen Schritten rückwärts gehen. Nimm dabei die Trekkingstöcke zur Hilfe.“

Wir verlassen den Abstiegsweg, um ein kurzes Päuschen an der Hütte Tomoekan einzulegen.

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Dort kaufe ich mir einen halben Liter Wasser und eine warme Dampfnudel mit süßer Bohnenpaste. Heiliger Fuji, war die gut!

Der Wirt möchte uns zusätzlich Münzen, Süßigkeiten, Postkarten und wahrscheinlich noch ein Grundstück andrehen. Dies tut er mit Inbrunst. Einige kaufen sogar etwas. Zu einem überteuerten Preis, versteht sich.

Bereits nach 10 Minuten gehen wir weiter und erreichen eine Kreuzung mit Hinweisschildern. „Hier bitte aufpassen“, meint Herr Goto, „weil hier der Wanderweg Subashiri abgeht“.

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Natürlich folgt die Zitronengruppe der gelben Farbe in Richtung „Fuji Subaru Linie 5. Station“.

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Langsam steigen wir den Berg hinab. An der Kreuzung 39 biegen wir nach links und erreichen unsere Schlafhütte Taishikan. Der zweite Teil der Tour wäre auch geschafft.

Die zweite Nacht in der Hütte Taishikan

Wieder wartet das Personal und bittet uns, die Schuhe mit Bürsten zu säubern. „Und befreit eure Kleidung vom Staub!“

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Die Hände dürfen wir uns an den Kanistern waschen und ich darf sogar die Trekkingstöcke säubern.

Mittlerweile ist es 15 Uhr. Besonders erschöpft sind wir alle nicht. Zitronengruppe auf Glückshormonen. Fast schon überdreht unterhalten wir uns. Bis wir um 16 Uhr zum Abendessen gerufen werden. Wieder gibt es Curryreis und eine Bentobox.

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Das mit den Glückshormonen nehme ich jetzt zurück und verdünne den Tee mit Wasser. Nach 10 Minuten bekommen wir das Frühstück in die Hand gedrückt.

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Darf ich vorstellen: Frühstücksbuffet Nummer 2 (abgepackter Reis, Brötchen und 350 ml Wasser). Soeben stirbt meine Hoffnung, dass es dieses Mal besser schmecken könnte. Vielen Dank, Herr Gouverneur.

Ich gehe zu meinem Schlafplatz, packe die Postkarten aus und fange an zu schreiben. Allerdings hatten sich hier in der Zwischenzeit Staub und Steine angesammelt. Vom Personal leihe ich mir einen Besen. Alle schauen mich an. „Typisch deutsch. Sauberkeitsfanatiker!“

Der Wind rüttelt am Dach und die Hütte erzittert. Mittlerweile tobt draußen ein Sturm. Gemütlich kuscheln wir uns in die Schlafsäcke und erzählen Geschichten. Dieses Mal sind wir allein im Dachgeschoss und wir breiten uns richtig schön aus. Ein kleiner Trost, weil uns der Sonnenuntergang wegen des Sturms vergönnt bleibt. Alle gehen früh schlafen.

Der Abstieg (achte bis fünfte Station)

Gegen 4 Uhr morgens werden wir geweckt. Es stürmt und regnet stark. Unter meine Regenjacke ziehe ich sowohl ein lang- als auch ein kurzärmeliges Merino-Hemd. Die Merino-Hose kommt unter die Regenhose und darüber ziehe ich meine Gamaschen.

Auch den Sonnenaufgang sehen wir nicht. Das Gute daran: Der Regen festigt den Weg, was den Abstieg einfacher macht. Schon nach 1 ½ Stunden Fußmarsch erreichen wir die 7. Station.

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„Hier gibt es nur verdreckte Toiletten“, meint Frau Ikebukoro. Also verkneife ich mir den Gang aufs Klo, was ich später noch bereuen würde.

Vor der 7. Station gehen wir eine Kurve, dann kommen wir am ersten Steinschutztunnel an.

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Der Weg geht steil bergab. Deutlich neigen sich die Bäume in die Windrichtung.

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Mit der Zeit bessert sich das Wetter und wir erreichen die 6. Station.

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Dort verbinden sich Auf- und Abstieg des Yoshida Wanderwegs. Eine kurze Pause später gehen wir in Richtung 5. Station.

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Meine Blase drückt. Ich möchte bitte gleich zur nächsten Toilette. Sauberkeit wäre mir jetzt egal. Jedoch ist die Zitronengruppe damit beschäftigt, ein Wäldchen zu durchqueren. Zu allem Überfluss kommen wir an einem Wasserfall vorbei. Und das Geräusch erinnert mich daran, was ich jetzt mit aller Macht verhindern muss.

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Ab hier steigt der Weg bis zur 5. Station wieder an. Als wir ankommen, ist kaum jemand da. „Die großen Busse kommen erst gegen 10 Uhr“, erklärt Herr Goto.

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Jetzt Toilette? Nö. Erstmal werden Gruppenfotos gemacht und schön posiert. Ich tue das mit einem gequälten Lächeln, während ich versuchte, meine Blase zu besänftigen. Nachdem das letzte Foto im Kasten ist, rausche ich mit Fuji-Windgeschwindigkeit zum Klo.

Mit erleichtertem Grinsen besuche ich das Postamt der 5. Station.

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Prima, niemand da. Ratlos laufe ich zurück. Am Treffpunkt wartet schon Frau Ikebukoro auf ihren Einsatz als Heldin des Tages. Sie bietet mir 4 ihrer Briefmarken an. Ich kaufe sie ihr ab und klebe sie auf meine Postkarten. Diese gebe ich Herrn Goto, damit er sie zum höchsten Postamt Japans bringt.

Die Zeit des Abschieds rückt näher. „Heute Nachmittag habe ich frei. Morgen besteige ich wieder den Fujisan!“, lacht Herr Goto und tätschelt die Zitrone, die uns zum nächsten Ziel bringen soll.

Wir verabschieden uns.

Das Onsen Benifuji 山中湖温泉「紅富士の湯」

Um 9:40 Uhr erreichen wir das Benifuji Onsen. Der Eintritt ist in der Hato Tour enthalten. Wir packen Handtücher und Wechselklamotten und lassen die Rucksäcke zurück. Auf die Verhaltensregeln für Onsen gehe ich in diesem Artikel ein.

Um 10 Uhr dürfen wir endlich rein. Schnell schälen wir uns aus den stinkenden Klamotten und packen sie in Schließfächer. Da kommt mir Schließfach-Fachmann Ryo in den Sinn und ich schmunzle. Ein Blick in den Spiegel sagt, dass ich nur halb wie ein Zombie aussehe. Und humpeln tue ich auch nicht.

Sofort gehen wir duschen. Schließlich führt mein Weg ins wohltuende Nass mit Blick auf den Fuji. Leider versteckt der sich hinter grauen Wolken.

Die Frauen aus der Zitronengruppe setzen sich zu mir und wir halten Schwätzchen. Langsam entspannen sich meine Muskeln im heißen Bad. „Wir hätten nichts besseres tun können als hierher zu kommen!“, sage ich. Und alle geben zustimmende Laute von sich.

Nach dem Bad im Onsen gehen wir ins Restaurant. Dort bestellt jeder eine leckere Nudelsuppe mit Kakiage (frittiertem Gemüse).

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Die Suppe schmeckt fantastisch.

Schon gegen 12 Uhr sitzen wir im Bus und fahren zurück nach Tokio. Alle unterhalten sich und philosophieren über die letzten Tage. Nach einer kurzen Pause an einer Raststätte kommen wir gegen 14 Uhr in Shinjuku an. Es ist soweit.

Ich verabschiede mich, steige aus und winke der liebgewonnenen Zitronengruppe hinterher. Sie fährt weiter zum Bahnhof Tokio und an ein Hotel, das man hätte dazubuchen können. Fertig, aber glücklich, steige ich in die Tokio Metro und fahre heim, um genau diesen Artikel zu schreiben.


Und wie war nun die Besteigung des Fuji? Es war ein echt krasses Abenteuer, das ich zwar niemals vergessen, aber auch kein zweites Mal mehr tun werde. Fazit? Solltest du die Gelegenheit haben, den Fuji zu besteigen und halbwegs gesund sein, tu es! Übrigens: Du hast gerade den längsten Artikel auf WanderWeib gelesen. Glückwunsch! Und ob ich die 1.000 Yen-„Spende“ bezahlt hab, bleibt mein Geheimnis…


Details zur Fuji Besteigung:
Dauer: 8:10 Stunden (ohne Pausen)
Höhenmeter: 3.733 m
Anstieg: 1.652 m
Abstieg: 1.653 m
Schwierigkeitsgrad: ✭ ✭ ✭ ✭ ✭
Saison: Sommer
Startpunkt: Fuji Subaru Line 5th Station 富士山五合目
Übernachtung: Berghütte Taishikan 太子館
Endpunkt: Fuji Subaru Line 5th Station 富士山五合目
Fotos: 21.-23. Juli 2015


Nützliche Schriftzeichen:
Fujisan 富士山
Wanderweg Yoshida 吉田ルート
Subaru Linie Fuji 5. Station スバルライン富士山五合目
Hütte Taishikan 太子館
Onsen Yamanakako 山中湖温泉「紅富士の湯」
Shinjuku Bahnhof 新宿駅
Reisbällchen Tonshiru-Onigiri-Set 豚汁おにぎりセット
Schrein Fujisan-Taisha 富士山大社
Großer Schrein Taisha 大社
Tiger-Lilien Kooniyuriコオニユリ
Azaleen Rengetsutsuji レンゲツツジ
6. Station 六合目
7. Station 七合目
Hütte Hanakoya 花小屋
Hütte Hinodekan 日の出館
Hütte Tomoikan トモイ館
Hütte Kamaiwakan 鎌岩館
Hütte Fujiichikan 富士一館
Hütte Toriiso 鳥居荘
Hütte Toyokan 東洋館
Achte Station 八合目
Hütte Taishikan 太子館
Sonnenaufgang Goraiko 御来光
Hütte Horaikan 蓬莱館
Schildkröten-Felsbrocken-Acht-Drachen-Götter/Horai-Kamiiwa-Hachi-ryujin 蓬莱亀岩八龍神
Hütte Hakuunso 白雲荘
Hütte Gansomura 元祖室
Fujisan Hotel 富士山ホテル
9. Station 九合目
Hütte Tomoekan トモエ館
Mount Fuji 富士山
Schrein Kusushi Jinja 久須志神社
„Restaurant“ Yamaguchiya 山口屋
Suppe mit Schweinefleisch Tonshiru 豚汁
Wanderweg Subashiri 須走ルート


Nützliche Links:
Bus fahren
Tipps zur Fuji-Besteigung
Hato-Bus Webseite 
Berghütte Taishikan
Berghütten Liste
Sonnenaufgang auf dem Fuji
Bus Reservierung
Yamanakako Onsen
Onsen-Verhaltensregeln



Der Yoshida Wanderweg 吉田ルート:

Übersicht:



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Falls du Tipps zur Besteigung braucht, dann schaue dir diesen Bericht zur Vorbereitung & FAQs an! 


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