Heute nimmt uns Catherine mit nach Magome und Tsugamo auf die alte Post- und Handelsstraße Nakasendo, die sich oberhalb von Nagoya befindet. Neben den beiden Orten erkunden wir mit ihr zusammen ein altes Teehaus, dort lernen wir auch lokale Volkslieder und Musikinstrumente kennen. Den letzten Abschnitt gehen wir zu Fuß, obwohl es einen Bus gibt, um noch etwas mehr von der Gegend zu erkunden.



Catherine erzählt:

Für Samstag den 24. Mai 2014 wurde sehr schönes Wetter mit viel Sonne erwartet.. Außerdem hatte ich den ganzen Tag frei, da es keinen Unterricht gab.  Am Vorabend hatte ich am Bahnhof die Fahrkarten gekauft, ohne einen Sitzplatz zu reservieren.

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So stellte ich mir den Wecker auf kurz vor 6h00, um mit dem frühen Shinkansen von Kyoto nach Nagoya zu fahren.

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Es war für mich eine große Freude mit dem super schnellen, leisen und sauberen Nozomi zu fahren. Bereits eine halbe Stunde später war ich in Nagoya und stieg in den Shinano Express, um 50 Minuten nach Norden zum Bahnhof Nakatsugawa zu fahren. Leider wollten das auch die Studenten, die am Wochenende zur Familie zurück fahren, sowie die Ausflügler, und einige Herren in schwarzen Anzügen, die noch arbeiten mussten. Es gab nur zwei Wagen ohne Sitzplatzreservierung, und die waren ziemlich überfüllt. So blieb mir nichts anderes übrig, als die ganzen Zeit zu stehen.

Fast dachte ich, ich bin die einzige nicht-Japanerin in dem Zug, aber als ich am Bahnhof Nakatsugawa ausstieg, suchte noch ein portugiesisches Pärchen den Bus nach Magome 馬籠, der uns in nur 30 Minuten in das kleine Städtchen brachte.

Die alte Stadt Magome 馬籠

Neben der Bushaltestelle kann ich auch schon die ersten Häuser der Stadt Magome bestaunen.

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Über eine breite Straße geht es durch den Ort bergauf.

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Am Wegrand fällt mir diese Wassereimer auf, die man auch häufig vor Schreinen sieht.

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Die Eimer werden von der lokalen Feuerwehrleuten gespendet und sollen den Ort vor Feuer schützen. Da es in Magome viele alte Holzhäuser gibt, ist die Angst durchaus berechtigt.

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Plötzlich stehe ich an einem Knick der Straße mit einem Wasserrad, der Platz davor nennt sich „Masugata“, wie bei den japanischen Burgen, weil man damit auch  eventuelle Feinde, die in die Stadt kamen, abwehren wollte.

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Früher verwendeten Japaner diese Wassermühlen, um Reis zu mahlen. Aktuell wird das Wasserrad eher zur Stromerzeugung genutzt. In das Haus kann ich sogar kurz hineinblicken.

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Besonders gefällt mir der Kessel über der Feuerstelle. Aber da die Wände nur aus Papier und die Glasscheiben nur einfach verglast sind, muss es im Winter in den Gebäuden ziemlich kalt werden.

Weiter geht es über die gut ausgebaute Straße durch schöne Gassen.

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Die Häuser wirken so, als stammen diese aus einem alten japanischen Film.

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Jeden Moment erwarte ich einem Samurai zu begegnen.

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Selbst die Bäume sehen alt und knorrig aus.

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Oberhalb von Magome erhalte ich eine wunderbare Aussicht auf die umliegenden Berge…

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… und schönen Tee-Felder, aus denen bestimmt  feinster japanischer Grüntee hergestellt wird.

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Alle zwei Wochen werden die frischen Triebe geschnitten und aus ihnen wird der Tee produziert.

Je höher ich steige, desto mehr kann ich in die Ferne blicken.

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Kurz bevor ich Magome verlasse, passiere ich einen Sake-Laden.

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Der lokale Sake-Sorten anbietet. Dann schreite ich durch ein Shinto-Tor vom Schrein Kumano Taisha.

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Ab diesen Zeitpunkt verlasse ich auch Magome und beginne meine Wanderung auf der Handelsstraße Nakasendo.

Die Handelstraße Nakasendo

Die Nakasendō (中山道・中仙道) war übrigens eine der zwei Straßen, die den Regierungssitz Edo (heute Tokio) mit der alten Kaiserstadt Kyōto in Japan verbanden. Im Gegensatz zur küstennahen Straße Tōkaidō führte der Nakasendō durch das Inland, daher sein Name „Straße durch die zentralen Gebirge“. Zwischen den Brücken Nihonbashi in Edo und Sanjō-Ōhashi in Kyōto entstanden so insgesamt 69 Stationen mit Gasthäuser, Post- und Zollstationen. Magome 馬籠 und Tsumago 妻籠  sind zwei von diesen Stationen.

Übrigens diese Wanderung zwischen den beiden Stationen Magome und Tsumago hat eine Länge von 8 Kilometer und dauert ca. 2-3 Stunden. Wenig später stehe ich vor einem unverkennbaren Schild.

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Es gibt immer wieder auf der Strecke kleine Glocken, die man läuten soll. Allerdings habe ich keine Bären zu Gesicht bekommen, aber irgendwie den Eindruck gewonnen, einen aufgebunden zu haben.

Ein weiteres Schild lässt mich stutzen:

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Ganz sicher im Mai! ;-) Das scheint wohl vergessen worden zu sein. Am Wegrand fällt mir diese Jizo-Statue auf, die halb zugewachsen ist.

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Jizo ist ein unter anderem ein Schutzpatron für Reisende, deswegen findet man solche Statuen oft am Wegrand.

Am Anfang versuchte ich etwas Schatten zu finden, da die Sonne erbarmungslos herunter schien.  Zunächst gilt es auf 801 Meter auf den Pass hinaufzusteigen.

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Dann ging es endlich bergab. Es kam mir noch eine amerikanische Wandergruppe entgegen, doch bald war ich wieder alleine auf der Nakasendo zwischen den großen Sugis ( japanische Zedern).

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Gelegentlich traf ich noch auf einzelne grüssende Japaner.

Das Teehaus Tateba Chaya 立場茶屋

Zur Mittagszeit machte ich an einer kleinen Hütte in unmittelbarer Nähe des Teehauses Rast.

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Dort holte ich mein Bento heraus, das aus Reis und Tonkatsu bestand, und genoss das schöne Wetter. Dabei traf ich wieder auf das portugiesische Paar, die kurz darauf auf Englisch von einer japanischen Dame im Kimono (!) angesprochen wurde. Eine Gruppe würde demnächst im alten Teehaus ein kleines Konzert geben, und wir waren alle eingeladen.

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Das Paar kannte japanische Instrumente nicht, so erklärte die Damen ihnen, was genau Shakuhachi-Flöte, Biwa und Koto sind. Sie hatte sogar Fotokopien auf Englisch und Japanisch dabei, die die Instrumente erklärten, sowie das Programm.

Also folge ich der Einladung in das gemütliche alte Teehaus und setzte mich auf ein rundes flaches Reisstroh Kissen an dem langen Holztisch. Das Feuer brannte in der Feuerstelle und der rauchige Duft des Holzfeuers hing in der Luft.

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Ein alter Mann schenkte mir Tee ein und fragte mich in gebrochenen Englisch nach meinem Herkunftsland. Dann trug er es fein säuberlich in ein altes Heft ein. Wir konnten uns nicht weiter unterhalten, denn mittlerweile bauten die Musiker eine kleine Soundmaschine mit Lautsprechern auf, und sogar die Fahne Ihres kleinen Orchesters: den 尺八E ー POP.

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Im Raum waren jetzt auch einige japanische Wanderer dazu gekommen. Neben mir saß ein Paar, die beide grosse Spiegelreflexkameras mit hochwertigen Objektiven dabei hatten, und wir kamen über das Fotografieren ins Gespräch. In dem Moment begann das Konzert. Zuerst mit einigen Stücken für Sakuhachi und Koto, darunter das bekannte Lied „Haru no Umi“ aus der Meiji Zeit.

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Die Biwa-Spielerin brauchte sehr lange, die Saiten des Instrumentes zu stimmen, denn die Stimmwirbel schienen sich nur mit großer Kraft bewegen zu lassen.

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Die Biwa (jap. 琵琶) ist ein klassisches vier bis fünfsaitiges japanisches Musikinstrument, eine birnenförmige Kurzhalslaute, die mit einem großen Plektrum angeschlagen wird. Während des Spielens, sang sie ein altes Lied, besser rezitierte sie. Danach durften einige Konzertbesucher, darunter auch ich, das Instrument mal in die Hand nehmen (es ist richtig schwer, denn es hat keinen Hohlraum innen).

Dann wurde es noch richtig gemütlich. Alte Volkslieder kamen dran, und alle sangen plötzlich mit. Der letzte Teil des Konzertes kam jetzt. E-Pops, waren keine J- Pop Lieder, wie ich zuerst dachte. das E stand für Enka, und jetzt kam auch die Soundmaschine richtig zum Einsatz. Wie beim Karaoke, kam jetzt Musikbegleitung im Hintergrund, begleitet von den Shakuhachi-Musikern, und aus dem Publikum kamen dann die Sänger! Das war ein Fest! Wir schunkelten alle mit.

Nun, wenn es am schönsten ist, sollte man aufbrechen. Ich hatte ja erst die Hälfte der Strecke zurückgelegt, und wollte noch Tsumago erreichen.

Auf nach Tsumago 妻籠

Weiter ging es über die Nakasendo, die wieder mit japanischen Zedern (Sugi) gesäumt ist.

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Es geht vorbei an erfrischenden Wasserfällen…

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… und wieder über Kopfsteinpflaster.

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Unterwegs bekomme ich eine gute Aussicht auf die umliegenden Berge.

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Irgendwann gegen Nachmittag treffe ich in Tsumago ein.

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Auch hier erwarten mich zahlreiche alte Holz-Häuser und Souvenir-Läden, die sogar Pferde aus Stroh verkaufen.

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Diese Stroh-Pferde werden auf Japanisch Wara-uma genannt, sollen Glück bringen und sind eine traditionelle Handwerkskunst der Gegend. Selbst die alten Lagerhäuser, die auf Japanisch Kura heißen, sind teilweise aus Holz gefertigt.

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In diesen Lagerhäusern legeren die Bewohner früher Reis oder Stroh. In ein Haus kann ich sogar hineinblicken:

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Der Raum wirkte recht friedlich und einfach. Danach prüfte ich die Abfahrtszeiten für den Bus zum Bahnhof Nagiso.

Zu Fuß zum Bahnhof Nagiso 南木層駅

Leider hatte ich den Bus verpasst, so dass ich mich mit einem Matcha-Eis und Bohnenpaste in der Hand auf die letzten 3,5 Kilometer nach Nagiso 南木層 machte.

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Unterwegs zeigte mir ein Mann noch mal den Weg, als er sich schon dachte, ich verlaufe mich ( obwohl überall Schilder stehen. Eine Karte ist dort unnötig). Von einer Anhöhe erhalte ich den ersten Blick auf Nagiso.

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Die Strecke wird nie langweilig, da es am Wegrand viel zu sehen gibt.

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Das ist eine Statue der Kannon-Göttin, die für Barmherzigkeit und dem Schutz der Tiere steht. Etwas weiter entdecke ich wieder Jizo-Statuen.

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Diese tragen rote Käppchen und Lätzchen.  In Nagiso wartete ich noch eine halbe Stunde auf den letzten direkten Zug, traf dann wieder auf die unbeholfenen Portugiesen, die in den falschen Zug einsteigen wollten ( es gab nur zwei auf den leeren Bahnhof), und war dieses mal nach 70 Minuten in Nagoya und gegen 19h30 endlich wieder in Kyoto.

Fazit: Was für ein erlebnisreicher Tag!


Insidertipps

  • Wenn du zwischen 8.30 Uhr und 11.30 Uhr dein Gepäck an einer der Touristeninformation abgibst, kannst du es nach 13 Uhr für 500 Yen von der einen Stadt zur anderen (Tsugamo<->Magome) transportieren lassen. Der Service ist allerdings nur vom 20. März bis 30. November möglich.
  • Besucht den Weg im Frühling oder Herbst, dann ist es nicht zu heiß oder zu kalt.
  • Packt gute Schuhe ein, die auf den Steinen halt bieten.
  • Holt euch in Nagoya eine Lunchbox, wenn ihr unterwegs essen möchtet.

Anfahrt

  • Adressen:
    • Magome Touristen Info, 4300-1 Magome, Nakatsugawa-shi, Gifu-ken 508-0502 (Google Maps)
    • Tsumago, Nagiso, Kiso District, Präfektur Nagano 399-5302 (Google Maps)

Am besten übernachtest du eine Nacht in Nagoya und fährst entspannter am nächsten Morgen nach Magome.

Per Zug (nach Magome): 

  • Ab Nagoya: Bahnhof Nagoya 名古屋駅 -> JR Linie Chuuouhon 中央本線 (Shinano Limited express oder ChuuouLine Rapid) (48 Min, 2.820 Yen) -> Bahnhof Nakatsugawa 中津川駅 -> Kitaena Bus 北恵那交通バス (30 Min, 560 Yen) -> Magome 馬籠
  • Ab Kyoto: Bahnhof Kyoto 京都駅 -> Shinkansen 新幹線 (35 Min, 5600 Yen) -> Bahnhof Nagoya 名古屋駅 -> JR Linie Chuuouhon 中央本線 (Shinano Limited express oder ChuuouLine Rapid) (48 Min, 2.820 Yen) -> Bahnhof Nakatsugawa 中津川駅 -> Kitaena Bus 北恵那交通バス (30 Min, 560 Yen) -> Magome 馬籠
  • Ab Tokyo: Bahnhof Tokyo 東京駅 -> Shinkansen 新幹線 (1 Std. 41 Min, 10.890 Yen) -> Bahnhof Nagoya 名古屋駅 -> JR Linie Chuuouhon 中央本線 (Shinano Limited express oder ChuuouLine Rapid) (48 Min, 2.820 Yen) -> Bahnhof Nakatsugawa 中津川駅 -> Kitaena Bus 北恵那交通バス (30 Min, 560 Yen) -> Magome 馬籠
  • Die Zug-Kosten werden vom JR Pass abgedeckt. Bus muss extra bezahlt werden.

Öffnungszeiten & Preise

  • Teehaus Tateba Chaya 立場茶屋
    • Adresse: Nagiso, Kiso District, Präfektur Nagano 399-5302 (GoogleMaps)
    • Öffnungszeiten: Immer offen
    • Homepage: http://www.tumago.jp/ (auf Japanisch)
    • Verweildauer: 1-2 Stunden
  • Kosten der gesamten Tour: 15.950 Yen (Zug) + 560 Yen (Bus) = 16.510 Yen (146 Euro)
  • Verweildauer: 1 Tagesausflug

  • Komplette Route: Bahnhof Kyoto 京都駅 -> Shinkansen 新幹線 -> Bahnhof Nagoya 名古屋駅 -> Linie Chuuouhon 中央本線 (Shinano Limited express oder ChuuouLine Rapid) -> Bahnhof Nakatsugawa 中津川駅 -> Kitaena Bus 北恵那交通バス -> Magome 馬籠 -> 2-3 Stunden wandern -> Tsumago 妻籠 -> Kitaena Bus 北恵那交通バス -> Bahnhof Nagiso 南木層 -> Linie Chuuouhon 中央本線 -> Bahnhof Nakatsugawa 中津川駅 -> Linie Chuuouhon 中央本線 -> Bahnhof Nagoya 名古屋駅 -> Shinkansen 新幹線 -> Bahnhof Kyoto 京都駅

  • Fotos: 24. Mai 2014

Übersicht:


Warst du schon einmal auf dem Nakasendo oder der Tokaido unterwegs? 


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